Ein Ort der Unmöglichkeit

Tomer Dotan-Dreyfus, Birobidschan; Cover: Voland & Quist

Auf die Shortlist des Deutschen Buchpreis hat es Tomer Dotan-Dreyfus mit seinem Roman Birobidschan zwar nicht geschafft, ein überzeugendes Prosadebüt hat der in Berlin lebende israelische Autor aber auf jeden Fall vorgelegt. In einer jüdischen Planutopie am östlichsten Ende Russlands bricht die Außenwelt in das vom Fortlauf der Geschichte merkwürdig entkoppelte Dörfchen ein, als zwei fremde Männer auftauchen. Was folgt ist eine Geschichte, die sich nicht-chronologischer Erzählweisen überzeugend bedient und eines beweist: Dem magischen Realismus geht es gut. 

von CAROLIN KAISER

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„Wie du, du Rückwärtsgewandte, mit deinem Mutterroman!“

Sylvie Schenk: Maman; Cover: Hanser

Wie schreibt man einen Roman über seine Mutter, wenn man sich bis zum Schluss nicht getraut hat, ihr Fragen zu stellen, die einem schon immer auf der Zunge brannten? Man rekonstruiert die Vergangenheit, verbindet sie mit seinen eigenen Empfindungen und Überlegungen. Man stellt Nachforschungen an und schwelgt in fremden Erinnerungen, die auch in einem selbst stecken. Sylvie Schenk nimmt uns in ihrem Roman Maman mit bei der Rekonstruktion einer Mutterfigur, die ihr ein Leben lang wie ein fremdes Wesen vorkam, eine „Raritätenmutter“.

von CELINA FARKEN

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Thanks for the Memories, even though they weren´t so great.

Anne Rabe: Die Möglichkeit von Glück; Cover: Klett-Cotta

Viele Menschen wissen noch genau, wo sie waren und was sie getan haben, als 1989 die Berliner Mauer fiel. Stine kann sich kaum daran erinnern, da sie zu diesem Zeitpunkt erst 3 Jahre alt war, sie ist ein Wendekind. Aber an die Jahre nach dem Mauerfall kann sie sich sehr gut erinnern, auch wenn sie manche Ereignisse am liebsten für immer verdrängen würde. Die Möglichkeit von Glück von Anne Rabe ist ein vielfältiges Werk: ein Familienroman, sowohl historisch als auch gesellschaftskritisch. Für ihr Prosadebüt ist die Autorin für den Deutschen Buchpreis 2023 nominiert.  

von VANESSA MUSZARSKY

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Orient-Express à la Overath

Angelika Overath: Unschärfen der Liebe; Cover: Luchterhand

30 Stunden. Eine Zugfahrt. – Baran Anatol Chronas befindet sich auf dem Weg nach Hause. Sein Ziel: Istanbul. Sein Ausgangspunkt: Chur (Schweiz). Bei der Fahrt durch den Balkan – zwischen den vorbeiziehenden Alpen, Landschaften und Bahnhöfen – trifft Baran eine Entscheidung, die sein Leben verändern wird. Und doch ist bei seiner Ankunft alles anders als gedacht.

von JULIA LEWEN

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Zwischen Schulbank und Gaming Chair

Tonio Schachinger: Echtzeitalter; Cover: Rowohlt

Till führt ein Doppelleben: Tagsüber muss er sich von seinem diktatorischen Klassenlehrer erniedrigen lassen, abends ist er als erfolgreicher Gamer online unterwegs. Tonio Schachingers Roman Echtzeitalter ist ein moderner Coming-of-Age-Roman, der es schafft, das emotionale Auf und Ab des Teenager-Daseins humorvoll darzustellen, ohne es zu romantisieren. Gleichzeitig malt der Roman ein entblößendes Bild der modernen Wiener Gesellschaft.

von KAREN ELIAS

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Verrückt sind ja immer die anderen

Angela Lehner: Vater unser Cover: dtv Verlag

Angela Lehners Roman Vater unser erzählt die Geschichte einer narzisstischen Protagonistin, die sich in eine Psychiatrie einweisen lässt, um ihren Bruder zu retten. Dabei verschwimmen die Grenzen zwischen Realität und Lüge immer mehr und lassen den Leser mit vielen offenen Fragen zurück. Das Buch wurde mit dem Debütpreis des Österreichischen Buchpreises 2019 ausgezeichnet.

von PAULA BURMEIER

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Kafkas Flucht vor dem Selbstzweifel

Franz Kafka (1883–1924) als junger Student ca. 1906; Quelle: https://kafkamuseum.cz/de/fotogalerie/

Von Kafka geht eine besondere Faszination aus. Ein Autor, der in seinem Leben und seinem Schaffen zerrissen war und bei dem sich dies in der fragmentarischen Eigenart seines Werkes und der surrealen Qualität seines Schreibens  bemerkbar macht. Zu seinem 140. Geburtstag betrachten wir die Übertragung seiner Wirklichkeit in die Selbstreflexion.

von ANDREAS MARTIUS

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Der Spieler und bunt bedruckter Pappkarton

Sebastion Golla: Lebende Legenden; Cover: Stable Diffusion

Kaufen, sammeln, spielen: Die Leidenschaft für Sammelkarten ist zu einer etablierten Nische für Millionen von Menschen herangewachsen. Während manche seit ihrer Kindheit den Sammelkarten treu geblieben sind, entdeckt Rufus Klipsch, Protagonist von Sebastian Gollas Lebende Legenden, seine Jugendliebe neu – und verliert sich zusehends in seinem Hobby. Eigenwillig, dabei stets rational-nüchtern erzählt Gollas Protagonist von einem kunterbunten Abenteuer einer Nischenkultur: der Spielkartenturnierwelt.

von THOMAS STÖCK

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Ein Schatz aus der Schublade

Karl Alfred Loeser: Requiem, Cover: Klett-Cotta

Großartige literarische Neuheiten müssen nicht immer neu sein: Mit Requiem von Karl Alfred Loeser ist eine der spannendsten Neuerscheinungen der Frühjahrssaison ein Roman, der schon vor vielen Jahrzehnten verfasst wurde – und dann als unveröffentlichtes Manuskript geschlummert hat. Glücklicherweise hat es dieser grandiose Roman über die frühe NS-Zeit nun in die Öffentlichkeit geschafft. Ein sowohl sprachlich als auch erzählerisch gelungenes Werk!

von CAROLIN KAISER

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„Lern im Leben die Kunst, im Kunstwerk lerne das Leben.“

Porträt Friedrich Hölderlins (1770–1843) von Franz Carl Hiemer (1768–1822), circa 1792

Friedrich Hölderlin (1770–1843) gilt als einer der bedeutendsten Vertreter der deutschen Romantik. In seinem literarischen Schaffen vereint er Philosophie, Mythologie, Antike und Natur mit einem einzigartigen Stil voller Komplexität und Intensität. Zu seinem 253. Geburtstag lassen wir sein literarisches Schaffen nochmal Revue passieren.

von JULIA LEWEN

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